Stelle dir folgendes Szenario vor: Du gibst dein eigentlich fertiges Manuskript jemandem, der es für dich lesen und überprüfen soll. Nach einer Weile bekommst du es zurück, mit einer Liste von Dingen, an denen du noch arbeiten musst. Doch diese Liste mit Dingen ist ziemlich lang. Was ist da nur schiefgelaufen?
Vermutlich hast du einige, meist leicht vermeidbare, Fehler begangen, welche deinem Text schaden.
In diesem Beitrag wollen wir uns einmal 10 Dinge anschauen, welche du als Autor unbedingt vermeiden solltest, damit dein Text kein Desaster wird.
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Deine Figuren nicht mit voller Kapazität handeln lassen
Von dem Prinzip der Figuren-Kapazität habe ich das erste Mal bei James N. Frey gelesen. Es beschreibt wie Figuren — bei Frey sind das in erster Linie die Protagonisten und Antagonisten — sich in den Situationen, in denen sie sich wiederfinden, verhalten.
Ich beziehe mich auch gleich auf sein Beispiel, welches er in Wie man einen verdammt guten Roman schreibt, verwendet hat. Dein Hauptcharakter befindet sich in einem Geisterhaus, vermutlich sind schon die ersten Mitstreiter gestorben und alle haben Angst. Plötzlich hört man komische Geräusche, welche aus einem bisher abgeschlossenen Raum kommen oder vom Dachboden. Es wäre ziemlich töricht, wenn die Hauptfigur — oder irgendjemand der Todesentourage — jetzt nachsehen wollen würde, was für dieses Geräusch verantwortlich ist. Dieses Verhalten ist einfach unlogisch und würde so niemand machen.
Das Beispiel kommt dir bekannt vor? Das liegt vermutlich daran, dass dieser Fehler oft in meist billigen Horrorfilmen benutzt wird. Dieses Motiv hat sogar einen eigenen Namen: Der Idiot auf dem Speicher. Es zeigt auch, warum es wichtig ist, seine Figuren mit höchster Kapazität arbeiten zu lassen. Einfach, weil der Leser sonst deine Figuren für nicht nachvollziehbar und widersprüchlich hält. Schlimmstenfalls legt der Leser dein Buch aus der Hand und schreibt dir eine schlechte Bewertung.
Ein weiteres Negativ-Beispiel ist mir erst vor kurzem selbst über den Weg gelaufen. In Catherine Shepards Thriller Der Böse Mann, geht es um einen fiesen Frauenmörder. Es gibt dort eine Szene, in der sein aktuellstes Opfer vom Täter das eigene Handy und die Handtasche bekommt und das Haus verlassen darf. Das Haus befindet sich in einer sehr abgelegenen Gegend, wo sich niemand außer den Beiden befindet. Die Frau läuft los, doch weiß sie nicht wo sie sich befindet. Sie weiß, dass sie entführt wurde und kann sich auch in großen Teilen an die Entführung erinnern. Sie nimmt also nach einer Weile ihr Handy zur Hand und telefoniert.
Wen ruft die Frau wohl an? Natürlich ruft sie die Firma an, bei der sie eigentlich ein Bewerbungsgespräch gehabt hätte. Sie entschuldigt sich für die späte Meldung, sie hatte einen Autounfall gehabt und hätte gerne einen neuen Termin. Als sie auflegt, steht der Entführer wieder hinter ihr und nimmt sie wieder mit, was zu ihrem Tod führt. Wieso ruft sie nicht die Polizei an?
Der Thriller im Ganzen ist eigentlich ziemlich gut und auch recht spannend. Der Täter ist ein echter Antagonist, der auch richtig widerlich rüberkommt. Aber diese Szene strotzt, meiner Meinung nach, einfach nur so vor Irrsinn und lässt sie für mich unglaubwürdig erscheinen.
Wir merken uns also, wenn wir diesen Fehler vermeiden wollen, dass wir unsere Figuren intelligent rüberkommen lassen sollten, damit der Leser an sie glauben und sie Glaubwürdig findet.
Inkonsistenzen in deiner Geschichte
Inkonsistent bedeutet z. B., dass deine Figuren nicht mitten in der Geschichte anders aussehen oder älter/jünger sind, als am Anfang beschrieben. Oder dass die Couch im Wohnzimmer der Oma nicht anfangs Grün und dann später Rot ist.
Um deine Charaktere konsistent zu halten, kannst du eine so genannte Charakterbibel anlegen. Dort schreibst du dann alle wichtigen Eckdaten deiner Figur nieder, um im Zweifelsfall nachsehen zu können. Mach dies ruhig tabellarisch, damit es übersichtlicher ist. Diesen »Steckbrief« bekommt niemand außer dir zu sehen, also notiere dir alles, was du für wichtig erachtest.
Das Gleiche kannst du auch mit Gegenständen, Räumen oder ganzen Ländern machen.
Stereotype und Klischees
»Ich weiß wer der Mörder ist. Es war Antoine, der Gärtner!« So oder so ähnlich las sich das damals bei Miss Marple und den anderen, wo es vielleicht auch noch originell war. Heutzutage sollte man solche Klischees vermeiden, wie an die Oberfläche getretene Lava, denn das kann zu Verbrennungen führen.
Auch Stereotype Figuren, wie die dumme Blondine oder der schmierige, mafiöse Italiener sollte man in seinen Texten meiden. Es sei denn, man schreibt eine Satire und benötigt in lächerlich gezogene, unglaubwürdige Figuren.
Auch abgegriffene Metaphern und Vergleiche werden, wenn sie im Lauf der Jahre zu oft und von zu vielen Autoren verwendet werden, zu Klischees. »Der Ort war ein brodelnder Hexenkessel« oder »Er kannte sein Viertel wie seine eigene Westentasche« klingen total abgedroschen und sollten eigentlich nicht mehr verwendet werden. Seid kreativ.
Wenn es keine Satire oder Persiflage ist, dann werden es ihnen die Leser mit negativen Bewertungen danken.
Wortsalat und Endlossätze
Versuche möglichst keinen Wortsalat, Schachtel- oder Endlossätze zu schreiben. Der Leser weiß am Ende eines solchen Satzes meist gar nicht mehr, um was es überhaupt ging und muss denn Satz erneut lesen. Wenn dies ein paar Mal passiert, dann ist das vielleicht für den Leser noch zu verkraften. Passiert das aber zu oft, dann legt der Leser dein Buch weg und nimmt es nicht mehr in die Hand.
Ein Beispiel würde so aussehen: Früher, als ich noch klein war und mein Bruder, der mittlerweile seit über 5 Jahren beim Militär ist und dort auch seine Frau, welche dort zur Sanitäterin ausgebildet wurde, kennengelernt hatte, bei mir war, kam mir das Zimmer, welches nach Osten ausgerichtet ist, sodass die Sonne morgens unseren Wecker abgelöst hatte, größer vor.
Wenn man dieses Konstrukt von Satz einfach auseinandernimmt und in einzelne Sätze verpackt, dann liest es sich besser und man geht nicht das Risiko ein, Leser zu verlieren.
Zielgruppe und Genre nicht bedenken
Wenn man versucht seinen Text hochtrabend und beeindruckend erscheinen zu lassen, indem man komplexe Wörter verwendet, dann geht das meist nach hinten los. Daher ist es in der Regel besser, wenn man seinen Text einfach hält. Ganz nach dem Motto: »Warum schwer und umständlich, wenn es auch einfach geht.«
Besonders wichtig ist das, wenn man für Kinder schreibt, da diese die Texte ansonsten gar nicht verstehen und die Eltern das Buch im schlimmsten Falle wieder zurückbringen.
Zusätzlich sollte man, je nach Genre, in dem man schreibt auch die für die Zielgruppe üblichen genrespezifischen Fachwörter verwenden. Wenn man diese nicht benutzt, dann denkt sich der Leser, dass der Autor das Genre nicht kennt. Und das ist nicht gut. Solche Zielgruppen mögen es nicht unbedingt, wenn man in ihrem Genre »wildert«.
Infodump
Das Wort Infodump besteht aus den Wörter Information und dump, was Englisch ist und für entsorgen oder abladen steht.
Man lädt also besonders viele (Hintergrund-)Informationen auf den Leser ab, weil man glaubt, dass dieser die Informationen braucht um die folgenden Szenen zu verstehen. Zumindest denken viele Autoren, dass dies richtig und gut ist. Aber ein reiner Infodump ist langweilig. Es passiert nichts. Es ist, als würde man einen Eintrag in einem Lexikon lesen.
Wenn man dem Leser zusätzliche Informationen über die Welt geben möchte, dann sollte man dies über die Figuren und die Handlung tun. Also z. B. über Dialoge zwischen den Figuren — aber nur, sofern diese selbst nicht mit der Welt vertraut sind, denn dann merkt der Leser das ihm Informationen verfüttert werden sollen. Am besten das aber, über Aktionen und Handlung.
Hier wird auch der letzte Punkt wichtig, denn die Informationen sollen dem Leser nicht einfach nur erzählt, sondern gezeigt werden. Am besten zeigt man die Interaktion mit einer bestimmten Maschine oder einem bestimmten Wesen. Man kann auch einen bestimmten Brauch, welcher aus einer fremden Kultur in deiner Welt stammt, zeigen. Alles, nur nicht dem Leser vorgaukeln, dass er diese Informationen braucht, obwohl dem nicht so ist. Und bitte nicht langweilig.
Adjektive und Adverbien im Überfluss
Versuche, den übermäßigen Gebrauch von Adjektiven und Adverbien zu verhindern. Meistens haben diese Wortarten nämlich keinerlei Substanz und verwaschen die Stärke des eigentlichen Substantivs oder Verbs.
Sinnliche Adjektive wie elegant, bitter, stinkend, lecker usw. sind, so alleine stehend, leer an Bedeutung. Schaffe lieber Bilder im Kopf des Lesers, spreche seine Sinne direkt an. »Im Raum war es stickig und es roch nach ungewaschenen Menschen an einem heißen Sommertag.«
Adjektive, welche etwas unterstreichen sollen, sollten auf ihren Gehalt geprüft werden. Um Otto Kruse (Storytelling: Kunst und Technik des Erzählens — Autorenhaus Verlag) zu zitieren: Eine Niederlage ist bereits eine herbe Sache. Man muss sie nicht noch groß, bitter, schwer, drückend, verheerend machen. Wenn Sie ein Adjektiv verwenden, dann eines, das uns eine Nuance der Niederlage aufzeigt, die in dem Ursprungswort noch nicht enthalten ist.
Gemeint sind dann, auf die Niederlage bezogen, Adjektive wie unerwartet, selbst verschuldet oder kleingeredet. Versuche immer zu begründen, warum ein Adjektiv verwendet wurde, warum es unerlässlich ist.
Kommen wir zu den Adverbien. Adverbien sind Zusätze zu Verben und modifizieren diese. Sie sollen das Verb stärken oder abschwächen, verwaschen es aber meist nur. Als Autor sollen wir präzise sein, denn wir sind schließlich diejenigen, die die Welt geschaffen und bevölkert haben. Warum wir nicht genau wissen, wie viele Tore ein Spieler genau geschossen hat, ist nicht hundertprozentig nachzuvollziehen.
Einzig wenn wir Zeugenaussagen in einem Krimi wiedergeben oder aus der Ich-Perspektive erzählen, sind Adverbien nützlich und Sinnvoll. Auch hier hilft Otto Kruse erneut weiter. Er spricht von getrunkenen Bieren. »Er trank ungefähr fünf Bier« ist eine schwammige Aussage, die der Autor ruhig präzisieren kann. Wenn wir aber vom Krimi oder der Ich-Perspektive ausgehen, dann ist diese Schwammigkeit sogar authentischer.
Eine gute Übung, um ein Gefühl für die richtigen Adjektive und Adverbien zu bekommen ist, ein paar Seiten des eigenen Textes zwei mal auszudrucken und in einem dann alle Adjektive und Adverbien zu streichen. Anschließend beide Texte nebeneinander legen und Satz für Satz vergleichen. Wo ist der Text besser? Wo muss das Adjektiv oder Adverb wieder hin?
Keine Macht dem Zufall
Der Held steht mit seinen Mitstreitern im Versteck und sie beraten sich. Der Böse Doktor X ist wieder abgehauen und sie überlegen, was sie nun machen könnten um ihn wieder aufzuspüren. Da fliegt ganz unauffällig ein Blatt Papier durchs Fenster. Es ist eine Bestell-Liste von Doktor X und siehe da, die Adresse seines geheimen Schurkenverstecks steht darauf. Na wenn das mal kein Zufall ist.
Zufälle sind doof. Vor allem, wenn er in wichtigen Situationen vorkommt. Zufälle zeugen davon, dass der Autor sich nicht genug Gedanken um seine Handlung oder um seine Figuren gemacht hat. Wenn der Held nicht mehr weiterweiß und zufällig der nächste Schritt auf ihn zu geflattert kommt, dann ist das langweilig und zeigt nicht, dass euer Charakter ein kluges Wesen ist bzw. mit seiner maximalen Kapazität arbeitet.
Zufälle können eine Geschichte ins Rollen bringen. Ein paar bekannte Geschichten/Filme beginnen sogar mit Zufällen (so z. B. Absolute Power von und mit Clint Eastwood). Dort wird ein Einbrecher, zufällig, Zeuge eines Mordes. Aber selbst Zufälle als Anfang einer Geschichte sind recht selten. Einzig Liebesfilme und romantische Romane beginnen sehr oft mit einer zufälligen Begegnung der Protagonisten.
Wem mehr Geschichten einfallen, die mit einem Zufall beginnen, dann kannst du uns den Namen ruhig per Mail zusenden.
Der überflüssige Redebegleitsatz
»Liebling? Hast du das Auto schon aus der Werkstatt abgeholt?«, fragte Sie.
»Ja, Schatz. Heute Morgen. Die Inspektion war doch nicht so teuer wie veranschlagt«, sagte er.
»Wieso denn das?«, fragte sie.
»Es war weniger kaputt am Auto als gedacht und der Lieferant hat der Werkstatt einen Extra-Rabatt gewährt, den sie uns weitergereicht haben.«, antwortete er.
»Och, das ist aber nett.« meinte sie.
Liest sich furchtbar, oder? Ja, einmal ist der Dialog vollkommen uninteressant, es fehlt der Konflikt, aber hier geht es um die Redebegleitsätze.
Die Redebegleitsätze sind »fragte sie«, »sagte er«, »antwortete er« und »meinte sie«. Sie sollen anzeigen, wer da gerade spricht.
Das dies aber nicht immer notwendig ist, kann man sich denken, denn die Leser sind nicht doof. Sie können schon aus dem Dialog selbst ablesen, wer gerade etwas sagt. Vor allem, wenn es sich nur um zwei Personen handelt, die sprechen.
Wenn du die meisten der Redebegleitsätze auslässt, dann wird der Dialog dynamischer, schneller, spannender.
Wenn es nicht direkt aus dem Text hervorgeht, dass eine Figur gleich anfängt zu sprechen, dann solltest du nach der ersten Dialogzeile einen Redebegleitsatz verwenden und ihn dann wieder weglassen.
Unterhalten sich mehrere Figuren, dann sind Redebegleitsätze wieder wichtiger. Ausnahme ist aber, wenn die Figuren sich stark voneinander unterscheidende Erzählstimmen haben, sodass der Leser sie so unterscheiden kann. Ein ab zu eingeworfener Redebegleitsatz kann aber nicht schaden.
Du erzählst, statt zu zeigen
»Show, don’t tell«, also »Zeige, nicht erzählen« ist hier auf der Liste zwar der letzte Punkt, aber eigentlich der Wichtigste. Zeige deinen Lesern was passiert, anstatt es ihnen lediglich zu erzählen. Dazu musst du ihre Sinne ansprechen, also was sie spüren, sehen, riechen, hören und schmecken können.
Man sollte reine Beschreibungen auf ein Minimum beschränken. Und selbst wenn man sie einsetzt, kann man durch passende und aktive Verben wesentlich besser ein Bild im Kopf des Lesers erzeugen als mit Adjektiven oder Adverbien. Wobei man ruhig Adjektive und Adverbien nutzen darf, nur sollte man sie äußerst gezielt und sparsam verwenden.
Sage nicht einfach, dass es kalt ist. Zeige es, indem du deine Figuren zittern lässt. Behaupte nicht, deine Figur sei groß. Zeige es, indem du sie sich ducken lässt, wenn sie durch eine Tür geht. Versichere nicht, dass deiner Figur nichts passiert, weil sie einen Schutzschild hat, lasse die Figur den Schild aktivieren und anfliegende Geschosse abwehren.
Ich hoffe diese Tipps helfen dir, diese häufigen Fehler zu vermeiden und deine Texte besser zu machen.
Wenn du mehr über das Handwerk des Schreibens lernen möchtest, dann empfehle ich dir den Beitrag Schreibratgeber für angehende Autoren.